Frieden für die Ukraine: "Mehr Initiativen der EU", fordert SPD-Europa-Abgeordneter Cremer
Update: 2025-12-01
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SWR Aktuell: Die EU ist nur am Rande an den aktuellen Verhandlungen beteiligt. Wie bewerten Sie Europas Beitrag zu einem möglichen Frieden für die Ukraine?
Tobias Cremer: Sie sprechen es an, wir sind nur am Rande beteiligt, und ich glaube, das ist ein großes Problem, wenn wir ganz ehrlich sind. Denn was wir da sehen, ist, dass die Amerikaner vor allem die Russen erstmal beraten. Das ist ja leider so weit gegangen, dass dieser 28-Punkte-Plan zunächst einmal überhaupt kein Friedensplan war, sondern wirklich einfach nur die „Weihnachtsliste“ von Wladimir Putin.
Und dann kommen die Ukrainer rein. Wir haben positiv und schnell reagiert dieses Mal, dass wir das ein bisschen runterverhandelt haben. Aber in internationalen Beziehungen sagt man ganz oft, dass man, wenn man nicht am Tisch sitzt, schnell auf der Speisekarte landet. Das haben wir am Anfang gesehen bei diesen 28 Punkten, dass dann auf einmal nicht nur über die Ukrainer gesprochen wurde, was schlimm genug war, sondern auch über Europa – ohne Europa – und dann gesagt wurde, wie wir unsere Erweiterung machen müssen, wie wir mit unseren Sanktionen umgehen müssen, wie wir mit den Vermögenswerten umgehen müssen. Das kann ja eigentlich nicht sein. Da hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass wir nicht darauf warten, dass die Russen und Amerikaner mit einem Plan kommen, sondern dass wir vielleicht schon vor einigen Monaten diese Punkte, die wir jetzt in 24 Stunden zusammengekriegt hatten, damals schon initiativ nach vorne gebracht hätten, um aus einer Position der Stärke in diese Verhandlung reinzugehen. Jetzt sitzen wir wieder wie das Kaninchen vor der Schlange, und das ist eigentlich Europas unwürdig.
SWR Aktuell: Warum hat es so lange gedauert, diese Liste zusammenzustellen?
Cremer: Die europäische Liste ist ja eigentlich schon relativ lange klar. Die 19 Punkte sozusagen, oder die 28 Punkte, die wir auf 19 runter verhandelt haben. Aber ich glaube, wir haben, wir sagen immer so schön, „nichts über die Ukraine ohne die Ukraine, nichts über Europa ohne Europa“.
Aber dann gehen wir in den Krisenmodus, agieren schnell und dann setzen wir uns wieder hin und hoffen irgendwie, dass die Amerikaner doch noch kommen und das für uns alles machen. Wir können uns auf Donald Trump am Ende nicht viel mehr verlassen als auf den Weihnachtsmann.
Die Amerikaner machen ihre Interessen - und die Europäer nicht. Da müssen wir als Europäer auch mal selbstbewusst hingehen und zu einer Initiative hinkommen und sagen, hier sind unsere Punkte, das ist uns wichtig. Hier, Donald Trump, guck mal, das sind unsere 28 Punkte. Und dann kann man damit nach Moskau gehen, anstatt zu warten, bis wir das aus dem Russischen übersetzt haben und wir dann vor den fahrenden Bus geschmissen werden.
SWR Aktuell: Aber wer sollte das denn Ihrer Meinung nach machen? Wäre da die Kommission am Zug, oder würde es auch reichen, wenn sich da ein paar Länder zusammentun und einfach zusammen was schreiben und einer dann stellvertretend nach Moskau fährt?
Cremer: Ich sage mal das Positive: Ich würde gar nicht zuerst nach Moskau fahren. Ich würde zuallererst mal sagen, liebe Amerikaner, das hier ist unser Plan. Der Plan von Putin ist ja eigentlich vor allem die Amerikaner und die Europäer auseinander zu dividieren. Deswegen wäre es nicht sinnvoll, zuerst nach Moskau zu fahren.
SWR Aktuell: Sie haben ja gerade Moskau erwähnt, deswegen habe ich Sie jetzt darauf angesprochen.
Cremer: Genau, dass die Amerikaner nicht nach Moskau fahren, sondern dass wir zu den Amerikanern fahren und dann das Gemeinsame hinkriegen. Aber da ist ja eigentlich, und das muss man auch mal positiv sehen, wir sind da in Europa ja relativ geeint. Man hat natürlich immer Viktor Orban, der versucht, da rauszuspringen, aber alle anderen sind sehr klar und gemeinsam. Und wir haben ja auch in diesen 24 Stunden sehr schnell reagiert aus dem Gipfel in Südafrika und dann noch aus Angola, das war ja wirklich sehr positiv.
Ich hätte mir halt nur gewünscht, dass man das selber von vornherein klar macht, dann vielleicht die E3 – in welchem Format das am Ende ist, ist nicht so wichtig – sondern, dass wir einfach hingehen und sagen, hier sind unsere Positionen, wir verteidigen aus der Position der Stärke, und nicht einfach wartet, bis irgendwas aus Moskau oder Washington kommt, denn das wird nicht in unserem Interesse sein.
SWR Aktuell: Aber es spielt ja schon eine Rolle, wie Europa da auch auftritt. Wenn Ursula von der Leyen sich da hinstellt als Kommissionspräsidentin, macht das ja möglicherweise doch ein bisschen mehr Eindruck, wenn sie für alle spricht, als wenn sich wieder drei Einzelne zusammentun und dann die eigenen Punkte vortragen.
Cremer: Wenn sie das Mandat hat, vollkommen richtig. Aber wir wissen natürlich auch, dass bei Donald Trump im Zweifel, wenn der mit dem finnischen Präsidenten Golf spielt, der auch ein guter Botschafter sein kann. Wir hatten ja das letzte Mal nach dem Alaska-Gipfel ein Trüppchen von sechs, sieben, die hingegangen sind. Solange da das Mandat klar ist, kann das auch der deutsche Bundeskanzler sein, der französische Präsident – oder eben der finnische Golfpartner von Donald Trump. Da bin ich relativ agnostisch. Was klar sein muss, ist, dass wir da gemeinsam sprechen. Das tun wir ja eigentlich auch. Nur antworten wir immer nur gemeinsam, aber wir kommen nie mit eigenen Ideen vorweg. Und das ist schade, denn wir haben eigentlich viel mehr Stärke, als wir uns das manchmal selber erlauben zuzugeben. Wir hätten zum Beispiel die russischen Vermögenswerte schon in ein Reparationsdarlehen umwandeln können. Dann hätten wir jetzt einen starken Hebel für den Frieden und könnten sagen, okay, hier sind wir in Initiative gegangen und jetzt reden wir mal aus der Position der Stärke. Stattdessen sprechen jetzt Witkoff und Putin, wie sie gemeinsam diese Gelder für amerikanische Businesses und russische Businesses ausgeben wollen.
Dieser 28-Punkte-Plan war überhaupt kein Friedensplan, sondern einfach nur die „Weihnachtsliste“ von Wladimir Putin.Quelle: Tobias Cremer, SPD-Europaabgeordneter
Tobias Cremer: Sie sprechen es an, wir sind nur am Rande beteiligt, und ich glaube, das ist ein großes Problem, wenn wir ganz ehrlich sind. Denn was wir da sehen, ist, dass die Amerikaner vor allem die Russen erstmal beraten. Das ist ja leider so weit gegangen, dass dieser 28-Punkte-Plan zunächst einmal überhaupt kein Friedensplan war, sondern wirklich einfach nur die „Weihnachtsliste“ von Wladimir Putin.
Und dann kommen die Ukrainer rein. Wir haben positiv und schnell reagiert dieses Mal, dass wir das ein bisschen runterverhandelt haben. Aber in internationalen Beziehungen sagt man ganz oft, dass man, wenn man nicht am Tisch sitzt, schnell auf der Speisekarte landet. Das haben wir am Anfang gesehen bei diesen 28 Punkten, dass dann auf einmal nicht nur über die Ukrainer gesprochen wurde, was schlimm genug war, sondern auch über Europa – ohne Europa – und dann gesagt wurde, wie wir unsere Erweiterung machen müssen, wie wir mit unseren Sanktionen umgehen müssen, wie wir mit den Vermögenswerten umgehen müssen. Das kann ja eigentlich nicht sein. Da hätte ich mir eigentlich gewünscht, dass wir nicht darauf warten, dass die Russen und Amerikaner mit einem Plan kommen, sondern dass wir vielleicht schon vor einigen Monaten diese Punkte, die wir jetzt in 24 Stunden zusammengekriegt hatten, damals schon initiativ nach vorne gebracht hätten, um aus einer Position der Stärke in diese Verhandlung reinzugehen. Jetzt sitzen wir wieder wie das Kaninchen vor der Schlange, und das ist eigentlich Europas unwürdig.
SWR Aktuell: Warum hat es so lange gedauert, diese Liste zusammenzustellen?
Wir können uns auf Donald Trump am Ende nicht viel mehr verlassen als auf den Weihnachtsmann.Quelle: Tobias Cremer (SPD), Mitglied des Europaparlaments
Cremer: Die europäische Liste ist ja eigentlich schon relativ lange klar. Die 19 Punkte sozusagen, oder die 28 Punkte, die wir auf 19 runter verhandelt haben. Aber ich glaube, wir haben, wir sagen immer so schön, „nichts über die Ukraine ohne die Ukraine, nichts über Europa ohne Europa“.
Aber dann gehen wir in den Krisenmodus, agieren schnell und dann setzen wir uns wieder hin und hoffen irgendwie, dass die Amerikaner doch noch kommen und das für uns alles machen. Wir können uns auf Donald Trump am Ende nicht viel mehr verlassen als auf den Weihnachtsmann.
Die Amerikaner machen ihre Interessen - und die Europäer nicht. Da müssen wir als Europäer auch mal selbstbewusst hingehen und zu einer Initiative hinkommen und sagen, hier sind unsere Punkte, das ist uns wichtig. Hier, Donald Trump, guck mal, das sind unsere 28 Punkte. Und dann kann man damit nach Moskau gehen, anstatt zu warten, bis wir das aus dem Russischen übersetzt haben und wir dann vor den fahrenden Bus geschmissen werden.
SWR Aktuell: Aber wer sollte das denn Ihrer Meinung nach machen? Wäre da die Kommission am Zug, oder würde es auch reichen, wenn sich da ein paar Länder zusammentun und einfach zusammen was schreiben und einer dann stellvertretend nach Moskau fährt?
Cremer: Ich sage mal das Positive: Ich würde gar nicht zuerst nach Moskau fahren. Ich würde zuallererst mal sagen, liebe Amerikaner, das hier ist unser Plan. Der Plan von Putin ist ja eigentlich vor allem die Amerikaner und die Europäer auseinander zu dividieren. Deswegen wäre es nicht sinnvoll, zuerst nach Moskau zu fahren.
SWR Aktuell: Sie haben ja gerade Moskau erwähnt, deswegen habe ich Sie jetzt darauf angesprochen.
Cremer: Genau, dass die Amerikaner nicht nach Moskau fahren, sondern dass wir zu den Amerikanern fahren und dann das Gemeinsame hinkriegen. Aber da ist ja eigentlich, und das muss man auch mal positiv sehen, wir sind da in Europa ja relativ geeint. Man hat natürlich immer Viktor Orban, der versucht, da rauszuspringen, aber alle anderen sind sehr klar und gemeinsam. Und wir haben ja auch in diesen 24 Stunden sehr schnell reagiert aus dem Gipfel in Südafrika und dann noch aus Angola, das war ja wirklich sehr positiv.
Ich hätte mir halt nur gewünscht, dass man das selber von vornherein klar macht, dann vielleicht die E3 – in welchem Format das am Ende ist, ist nicht so wichtig – sondern, dass wir einfach hingehen und sagen, hier sind unsere Positionen, wir verteidigen aus der Position der Stärke, und nicht einfach wartet, bis irgendwas aus Moskau oder Washington kommt, denn das wird nicht in unserem Interesse sein.
SWR Aktuell: Aber es spielt ja schon eine Rolle, wie Europa da auch auftritt. Wenn Ursula von der Leyen sich da hinstellt als Kommissionspräsidentin, macht das ja möglicherweise doch ein bisschen mehr Eindruck, wenn sie für alle spricht, als wenn sich wieder drei Einzelne zusammentun und dann die eigenen Punkte vortragen.
Wir hätten zum Beispiel die russischen Vermögenswerte schon in ein Reparationsdarlehen umwandeln können.Quelle: Tobias Cremer (MdEP, SPD)
Cremer: Wenn sie das Mandat hat, vollkommen richtig. Aber wir wissen natürlich auch, dass bei Donald Trump im Zweifel, wenn der mit dem finnischen Präsidenten Golf spielt, der auch ein guter Botschafter sein kann. Wir hatten ja das letzte Mal nach dem Alaska-Gipfel ein Trüppchen von sechs, sieben, die hingegangen sind. Solange da das Mandat klar ist, kann das auch der deutsche Bundeskanzler sein, der französische Präsident – oder eben der finnische Golfpartner von Donald Trump. Da bin ich relativ agnostisch. Was klar sein muss, ist, dass wir da gemeinsam sprechen. Das tun wir ja eigentlich auch. Nur antworten wir immer nur gemeinsam, aber wir kommen nie mit eigenen Ideen vorweg. Und das ist schade, denn wir haben eigentlich viel mehr Stärke, als wir uns das manchmal selber erlauben zuzugeben. Wir hätten zum Beispiel die russischen Vermögenswerte schon in ein Reparationsdarlehen umwandeln können. Dann hätten wir jetzt einen starken Hebel für den Frieden und könnten sagen, okay, hier sind wir in Initiative gegangen und jetzt reden wir mal aus der Position der Stärke. Stattdessen sprechen jetzt Witkoff und Putin, wie sie gemeinsam diese Gelder für amerikanische Businesses und russische Businesses ausgeben wollen.
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